Alle Jahre wieder weils so schön ist an Nikolaus. Der Knecht Ruprecht hat ja hier in Franken seine Entsprechung als Pelzmärtel der allerdings schon am 11.11. die Kinder beschert.
Knecht Ruprecht Theodor Storm
Ruprecht:
Habt guten Abend, alt und jung, Bin allen wohl bekannt genung.
Von drauß‘ vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! Allüberall auf den Tannenspitzen Sah ich goldene Lichtlein sitzen; Und droben aus dem Himmelstor Sah mit großen Augen das Christkind hervor; Und wie ich so strolcht‘ durch den finstern Tann, Da rief’s mich mit heller Stimme an: »Knecht Ruprecht«, rief es, »alter Gesell, Hebe die Beine und spute dich schnell! Die Kerzen fangen zu brennen an, Das Himmelstor ist aufgetan, Alt‘ und Junge sollen nun Von der Jagd des Lebens einmal ruhn; Und morgen flieg ich hinab zur Erden, Denn es soll wieder Weihnachten werden!« Ich sprach: »O lieber Herre Christ, Meine Reise fast zu Ende ist; Ich soll nur noch in diese Stadt, Wo’s eitel gute Kinder hat.« – »Hast denn das Säcklein auch bei dir?« Ich sprach: »Das Säcklein, das ist hier: Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern Essen fromme Kinder gern.« – »Hast denn die Rute auch bei dir?« Ich sprach: »Die Rute, die ist hier; Doch für die Kinder nur, die schlechten, Die trifft sie auf den Teil, den rechten.« Christkindlein sprach: »So ist es recht; So geh mit Gott, mein treuer Knecht!«
Von drauß‘ vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr! Nun sprecht, wie ich’s hierinnen find! Sind’s gute Kind, sind’s böse Kind?
Vater:
Die Kinder sind wohl alle gut, Haben nur mitunter was trotzigen Mut.
Ruprecht:
Ei, ei, für trotzgen Kindermut Ist meine lange Rute gut! Heißt es bei euch denn nicht mitunter: Nieder den Kopf und die Hosen herunter?
Vater:
Wie einer sündigt, so wird er gestraft; Die Kinder sind schon alle brav.
Ruprecht:
Stecken sie die Nas auch tüchtig ins Buch, Lesen und schreiben und rechnen genug?
Vater:
Sie lernen mit ihrer kleinen Kraft, Wir hoffen zu Gott, daß es endlich schafft.
Ruprecht:
Beten sie denn nach altem Brauch Im Bett ihr Abendsprüchlein auch?
Vater:
Neulich hört ich im Kämmerlein Eine kleine Stimme sprechen allein; Und als ich an die Tür getreten, Für alle Lieben hört ich sie beten.
Ruprecht:
So nehmet denn Christkindleins Gruß, Kuchen und Äpfel, Äpfel und Nuß; Probiert einmal von seinen Gaben, Morgen sollt ihr was Besseres haben. Dann kommt mit seinem Kerzenschein Christkindlein selber zu euch herein. Heut hält es noch am Himmel Wacht; Nun schlafet sanft, habt gute Nacht.
Einmal wollte ein Märchen ein ganz besonderes Märchen sein, das die Menschen ins Weihnachtsland zu verzaubern vermochte.
„Mach aus mir ein Weihnachtszaubermärchen!“, bat es die Märchenfee in den Tagen vor Weihnachten.
„Das ist ein außergewöhnlicher Wunsch“, staunte die Fee.
„Stimmt“, sagte das Märchen. „Ich möchte den Menschen eine Freude bringen, die man nicht kaufen und in bunte Päckchen packen kann.“
Die Märchenfee seufzte. „So ein Märchen gibt es nicht. Oder glaubst du an Märchen?“
Das Märchen nickte. „Ich bin doch selber eins!“
„Du bist hartnäckig. Ich werde darüber nachdenken.“
Die Märchenfee grübelte lange. Dann hatte sie eine Idee.
„Du wirst zur Weihnachtszeit im Traum zu den Menschen kommen. Ein Traumzaubermärchen wirst du sein.“
Das Märchen machte einen Freudenluftsprung.
„Ein Traumzauberweihnachtsmärchen. Wie schön.“ Es war glücklich. „Jetzt bin ich das schönste Märchen auf der Welt und alle werden mich lieb haben.“
Und so war es auch. Das Traumzauberweihnachtsmärchen wurde zum Lieblingsmärchen der Menschen. Ganz besonders der Kinder. Es war überall, wenn man es auch nicht im Fernseher und nicht auf CDs hören konnte. Aber es war da, in den Herzen der Menschen, und es schenkte ihnen in der Weihnachtszeit wunderschöne Träume.
Du kennst es noch nicht? Warte! Bestimmt kommt es auch noch zu dir. Du kannst es weder sehen noch hören, doch es ist da, in der Weihnachtszeit, wenn alles ganz still ist. Psst! Fühlst du es?
Benedikt, der kleine Engel mit den roten Pausbäckchen war überglücklich. Dieses Jahr war er doch tatsächlich von der Himmelskommission, aus der Schar der Engel, für eine heißbegehrte Aufgabe ausgewählt worden, nämlich am Heiligen Abend dem Weihnachtsmann beim Verteilen der Geschenke zu helfen. Wirklich, überglücklich war er. Schon seit Wochen wurde in der Himmelswerkstatt über nichts anderes gesprochen als darüber, wer am 24. Dezember mit auf die Erde dürfte. Dem Weihnachtsmann zu helfen war etwas Tolles, etwas ganz Besonderes. Schon die Fahrt mit dem Schlitten und den Rentieren davor – allen voran Rudolf – war ein außergewöhnliches Erlebnis. Klar war leider auch, daß viele kleine Engel gebraucht wurden um die Himmelswerkstatt wieder aufzuräumen, das Chaos zu beseitigen, das durch die Arbeiten für Weihnachten in den Werkstätten und in der Bäckerei entstanden war. Es mußten ja auch die Wolkenbetten aufgeschüttelt und die Sterne blank geputzt werden und viele Arbeiten mehr standen an. All die nicht immer geliebten Arbeiten, die aber irgendwann gemacht werden mußten. Alle Kinder wissen, wovon hier die Rede ist. Und darum träumten alle Engel davon, einmal als Helfer des Weihnachtsmannes mit auf die Erde zu dürfen. Benedikt hatte es also geschafft, dieses Mal war er ausgesucht worden. Sein Glück war für ihn unfaßbar. Wo er doch dieses Jahr sehr oft bei der Weihnachtsbäckerei ermahnt worden war nicht so viel vom Teig und den Plätzchen zu naschen. Es war nicht so, daß der aufsichtsführende Engel es ihm nicht gönnte, jedoch waren die Wangen unseres kleinen Benedikts schon ganz schön gerundet und das Bäuchlein wurde auch ein wenig kugelig. Man kann sagen, Engel Benedikt war ganz groß darin, Sätze wie „Benedikt, gleich kriegst Du Bauchweh!“ zu überhören. Und die Rangelei mit seinem Freund, dem Engel Elias, weil dieser ihn „Mopsi“ genannt hatte, hatte er auch in die hinterste Schublade seines Denkens gepackt. All zu viele Ermahnungen bedeuten nichts Gutes, bedeuteten letzten Endes das Verbot einer Lieblingsbeschäftigung, meistens für eine ganz schön lange Zeit. Na, da hatte man wohl dieses Jahr ein Auge – wenn nicht sogar zwei – zugedrückt!Pünktlich am 24. Dezember stand der Schlitten mit den Rentieren, die mit den Hufen scharrten, vor dem Himmelstor. Viele Engel hatten sich versammelt, um ihnen nachzuwinken. Der Weihnachtsmann ließ die Peitsche knallen und mit lautem Schlittenglockengeläut ging es auf einem extrabreiten, glitzernden und glänzenden Mondstrahl hinunter auf die Erde. Rudolf versuchte sich in ein paar Extrasprüngen – er hatte wohl zu lange im Stall gestanden – was den Schlitten kurzfristig auf einen „Zick-Zack- Kurs“ brachte. Engel Benedikt fand das toll. Es würde ein langer Abend werden mit vielen Arbeitsstunden und so hatte der Weihnachtsbäckerei-Engel Engel Benedikt, die goldene Himmelsnaschdose voller köstlicher Leckereien, wie Marzipan- Kartoffeln, Schokoladenlebkuchen, Zimtsterne, Butterspekulatius zur Stärkung mitgegeben und beim Füllen hineingetan, was Engel Benedikt am liebsten mochte. Selig drückte er sie nun mit seinen dicken Patschhänden an sein Bäuchlein und kuschelte sich höchst zufrieden ein wenig an den Weihnachtsmann, um sich im nächsten Moment wieder kerzengerade aufzusetzen; schließlich war er als „Weihnachtsmann – Helfer – Engel“ schon beinahe ein großer Engel! Auf der Erde sah es so schön aus. Es schneite sacht – die dafür zuständigen Engel hatten wohl doch noch ein paar Tonnen voller Schnee im äußersten Winkel des Himmelsgefrierraumes gefunden. Der Schnee knirschte leise beim Betreten der Wege. Sanft leuchtete das Licht aus den Häusern und ließ den Schnee auf Straßen, Häusern und Bäumen glitzern. Kirchenglocken läuteten und verbreiteten eine festliche Stimmung. Sogar der Wind hatte sein ansonsten stürmisches Temperament gezügelt und war kaum spürbar. Engel Benedikt vermutete, er war auf dem Weg, sich zur Ruhe zu legen.Schon viele Stunden waren der Weihnachtsmann und sein kleiner Helfer unterwegs. Die Freude der Kinder, ihre glänzenden Augen, die friedliche Stimmung von alten und jungen Menschen, der milde Glanz der Kerzen aus den Wohnstubenfenstern hatte ihnen immer wieder neue Kraft gegeben. Jetzt hatten sie nur noch ein einziges nicht allzu großes Geschenk zu einer Wohnung im letzen Wohnblock einer Straße zu bringen. Schon ein bißchen ermüdet gingen der Weihnachtsmann und Engel Benedikt am Fenster dieser Wohnung vorbei. Das Fenster war einen Spalt zum Lüften geöffnet worden. Engel Benedikt sah in das Wohnzimmer. Der Weihnachtsmann und er sahen ein Ehepaar mit einem kleinem etwa 7 Jahre alten Jungen. Der Junge sah sehr dünn und blaß aus und beide Eltern stützten ihn liebevoll, als sie vom Eßtisch zum Sofa gingen. Gerade beugte sich die Mutter über ihn und sagte: “ Was für ein Glück für uns, daß Du doch schon zu Weihnachten wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden konntest!“ „Ja Mama“ sagte der Junge, „das ist für mich das schönste Geschenk, mehr brauche ich eigentlich gar nicht.“ „Na, so ganz wird der Weihnachtsmann dich wohl nicht vergessen haben“, sagte der Vater zu seinem Sohn. Der Weihnachtsmann ging zur Wohnungstür um das kleine bescheidene Paket hinzulegen. „Hier, leg die Keksdose dazu“, flüstert der kleine Engel Benedikt und hob seine kleinen Arme mit den Köstlichkeiten in die Höhe um sie dem Weihnachtsmann zu geben. Es war sein voller Ernst und tat ihm eigentlich überhaupt nicht – na vielleicht ein winziges bißchen leid – was er aber ganz schnell unterdrückte. „Danke Bene, gut gemacht“, flüsterte der Weihnachtsmann und strich Engel Benedikt sacht über den Kopf. Die Wangen des kleinen Engels glühten vor Stolz. Bene hatte der Weihnachtsmann zu ihm gesagt. „Bene“ sagte sonst immer nur das Christkind zu ihm, wenn es ihn für besonders liebevolles Verhalten lobte. Nachdem der Weihnachtsmann nun alle Geschenke verteilt hatte, begaben sich beide auf den Weg zum Rentierschlitten, um die Rückreise anzutreten. Sie kamen am Fenster vorbei und sahen, wie der Junge sich besonders über die Keksdose freute und rief: „Mama, Papa, guckt doch mal, wie sie glänzt und glitzert, und hmmm, hier probiert mal die Kekse, sie sind köstlicher, nein, einfach himmlisch!“ Der Weihnachtsmann und der kleine Engel lächelten sich an: „Wie recht er hat“ sagte der kleine Engel glücklich.
Zizibä saß in einem kahlen Fliederbusch und fror. Zizibä war ein kleiner Vogel. Er hatte sein Federkleid dick aufgeplustert, weil`s dann ein wenig wärmer war. Da saß er wie ein dicker, runder ball, und keiner ahnte, wie dünn sein Körper drunter aussah. Zizibä hatte die Augen zu. Er mochte schon gar nicht mehr hinsehen, wie die Schneeflocken endlos vom Himmel herunterfielen und alles zudeckten. Alle Futterplätze waren zugeschneit. Ach und Hunger tat so weh. Zwei Freunde von Zizibä waren schon gestorben. Stellt Euch mal vor, Ihr müsstet in einem kahlen Strauch sitzen,ganz alleine im Schnee, und hättet nichts zu essen. Kein Frühstück, kein Mittagessen – und abends müsstet Ihr hungrig einschlafen, ganz allein draußen im leeren Fliederbusch, wo`s dunkel ist und kalt. Das wäre doch schlimm.
Zizibä musste das alles erleiden. Er saß da und rührte sich nicht.Nur manchmal schüttelte er den Schnee aus den Federn. Wieder ging ein hungriger Tag zu Ende. Zizibä wollte einschlafen. Er hörte plötzlich ein liebliches Geklingel. Dann wurde es hell und warm, und Zizibä dachte: Oh, das ist gewiss der Frühling. Aber es war der Weihnachtsengel. Er kam daher mit einem Schlitten voller Weihnachtspakete. Er sang vergnügt. „Morgen Kinder wird`s was geben…“ und leuchtete mit seinem Laternchen den Weg. Da entdeckte er auch unseren Zizibä. „Guten Abend“, sagte der Engel, „warum bist du so traurig?“ – „Ich hab‘ so Hunger“, piepste Zizibä und machte vor Kummer wieder die Augen zu. – „Du armer kleiner“, sagte der Engel, „ich habe auch nichts zu essen dabei. Woher kriegen wir nur was für dich?“ Aber das war´s ja, was Zizibä auch nicht wusste. Doch dann hatte der Engel eine himmlische Idee.
„Warte“, sagte er, „ich werde dir helfen. Bis morgen ist alles gut. Schlaf nur ganz ruhig.“ Aber Zizibä war schon eingeschlafen und merkte gar nicht, wie der Engel weiterzog und im nächsten Haus verschwand.
Im nächsten Haus wohnte Franzel. Das war ein netter, kleiner Bub. Jetzt lag er im Bett und schlief und träumte von Weihnachten. Der Engel schwebte leise herzu , wie eben Engel schweben, und beugte sich über ihn. Leise, leise flüsterte er ihm etwas ins Ohr, und was Engel sprechen, das geht gleich ins Herz. Der Franzel verstand auch sofort, um was sich`s handelt, obwohl er fest schlief.
Als er am nächsten Morgen wach wurde, rieb er sich die Augen und guckte zum Fenster hinaus. „Ei, so viel Schnee“, rief er, sprang aus dem Bett, riss das Fenster auf und fuhr mit beiden Händen in den Schnee. Dann machte er einen dicken Schneeball und warf ihn aus Übermut hoch in die Luft. Plötzlich hielt er inne. Wie war das noch heute Nacht? Hatte er nicht irgend etwas versprochen? Richtig, da fiel´s ihm ein. Er sollte dem Zizibä Futter besorgen. Der Franzel fegte den Schnee vom Fensterbrett und rannte zur Mutter in die Küche. „Guten Morgen, ich will den Zizibä füttern, ich brauch Kuchen und Wurst!“, rief er.“Das ist aber nett, dass du daran denkst“, sagte die Mutter, „aber Kuchen und Wurst taugen nicht als Futter. Der Kuchen weicht auf, und die Wurst ist viel zu salzig. Da wird der arme Zizibä statt an Hunger an Bauchschmerzen sterben.“
Die Mutter ging und holte eine Tüte Sonnenblumenkerne. „Die sind viel besser“, sagte sie. Der Franzel streute die Kerne aufs Fensterbrett und rief: „Guten Appetit, Zizibä!“ Dann musste er sausen, um noch rechtzeitig zur Schule zu kommen.
Als die Schule aus war, kam er auf dem Nachhauseweg beim Samenhändler Korn vorbei. Der Franzel ging in den Laden und sagte: „Ich hätte gern Futter für die Vögel im Garten.“ Er legte sein ganzes Taschengeld auf den Tisch. Dafür bekam er eine große Tüte voll Samen und Meisenringe. Nun rannte er nach Hause zu seinem Fensterbrett. Aber – o weh – da war alles zugeschneit. Doch die Körner waren verschwunden. Die hatte Zizibä noch rechtzeitig entdeckt. Er hatte seine Vettern und Kusinen herbeigeholt, und sie hatten sich einen guten Tag gemacht, während der Franzel in der Schule war. Es darf nicht wieder alles zuschneien, dachte der Franzel, und als sein Vater am Nachmittag heimkam, machten sie sich gleich daran und zimmerten ein wunderschönes Futterhaus. Das hängten sie vor dem Fenster auf.
Am nächsten Tag sprach sich´s bei der ganzen Vogelgesellschaft herum, dass es beim Franzel etwas Gutes zu essen gab. Das war eine große Freude, denn kein Vogel brauchte mehr vor Hunger zu sterben, und abends, wenn der Engel vorbeikam, sah er nur satte und zufriedene Vögel friedlich schlummern. Dafür legte er dem Franzel noch ein Extra-Geschenk unter den Weihnachtsbaum, und es wurde ein wunderschönes Fest.
Das Mädchen und die Schildkröte Verfasser unbekannt
Es war der 24. Dezember, und es schneite. Gleichmütig und gleichmäßig fiel der Schnee. Er fiel auf die Fabrik für künstliche Blumen, und sein frisches Weiß gab dem häßlichen Backsteinbau etwas beinahe Heiteres. Er fiel auf die Villa des Fabrikanten, deren eckige Fassade er mit gefälligen Rundungen versah, und er fiel auf das Einfamilienhaus des Werkmeisters, aus dem er ein drolliges Zuckerhäuschen machte. In den Hallen der Fabrik war um diese Zeit keine Menschenseele, Ein mißglücktes Veilchen aus Draht und Wachs sinnierte im Kehrichteimer vor sich hin, eine eiserne Tür zum Hof bewegte sich quietschend in den ausgeleierten Scharnieren. In der Villa nebenan telefonierte die Gnädige zum viertenmal aufgeregt mit der Tierhandlung wegen der bestellten Schildkröte. Früher, als junge Dame, war die Gnädige entzückend aufgeregt gewesen. Jetzt war sie nur noch aufgeregt. Im Einfamilienhaus schrieb das jüngste der elf Kinder, die kleine Sabine, zum viertenmal ihren Wunschzettel: „Lihber Weihnachtsman ich möchte, eine Schildkröte hahben deine Sabine.“ Die Gnädige erwartete die Schildkröte zur Suppe. Sabine erwartete sie als Spielgefährtin. Und der Zufall in Gestalt eines Botenjungen sprach die Schildkröte derjenigen zu, die sie verdiente. Hier muß endlich bemerkt werden, daß die Villa und das Einfamilienhaus eine Kleinigkeit gemeinsam hatten: Das Namensschild an der Tür. Auf beiden Schildern las man „Karl Moosmann“. Zwar las man bei dem Fabrikanten einen Buchstaben mehr, nämlich „Karl F. Moosmann“. Aber für derlei feine Unterschiede haben Zufälle und Botenjungen kein Auge. So kam es, daß die Schildkröte ins Einfamilienhaus gebracht wurde, wo man sie freudig und arglos in Empfang nahm. Vater Moosmann glaubte weder an Engel, die als Botenjungen verkleidet kommen, noch an die Gaben guter Feen. Aber er glaubte daran, daß die kleinen Wünsche kleiner Kinderherzen Gewalt über Menschen und Dinge haben. Deshalb freute er sich, als der liebenswürdige Zufall seinen Glauben bestätigte. Sabine erhielt das unerwartete Geschenk schon vor der Bescherung. Die erste Begegnung mit dem Tier verlief für beide Teile etwas unglücklich. Die Schildkröte unterschied sich von der geliebten Bilderbuchschildkröte nämlich dadurch, daß sie zappelte, wenn man sie aufhob, und daß sie bei ungeschickter Berührung sogar fauchte. Das irritierte Sabine so heftig, daß sie das Tier fallen ließ. Zum Glück fiel es nicht tief. Sabine maß noch keinen Meter. Das Mädchen konnte vor Schreck nur „plumps“ sagen. Doch dann hob sie das Tier trotz der strampelnden Beine wieder auf, streichelte den hell- und dunkelbraun geschuppten Panzer und sagte: „Armer Plumps!“ Und damit war das Tier getauft. Aus einer beliebigen Schildkröte war sie zu einer bekannten geworden, zur Schildkröte Plumps Moosmann. Indessen telefonierte die Gnädige zum fünftenmal mit der Tierhandlung, und ihre metallische Stimme kippte dabei zuweilen leicht über: „…ist doch großer Unfug. Wie kann sie hier sein, wenn niemand sie gebracht hat? … Bitte?… Nein, Schildkrötensuppe!… Schildkrötensuppe!… Was sagten Sie?… Die letzte? Das wird ja immer heiterer! Ich habe sie doch zeitig genug bestellt!… Ist denn der Bote noch nicht zurück?… Wie?… Also dann rufe ich in einer halben Stunde noch einmal an. Wenn sie dann noch nicht da ist, haben Sie einen Kunden weniger!Adieu!“ Der Hörer fiel scheppernd in die Gabel und die Gnädige in den Teakholzsessel. Erst jetzt bemerkte sie, daß ihr Sohn Alexander in der Tür stand. „Bekomme ich auch eine Schildkröte zu Weihnachten, Mama?“ Als die Gnädige antwortete, war ihr Stimme um einen Ton weicher als gewöhnlich. „Die Schildkröte ist für die Suppe, Alex! Vater wünscht sich eine echte Mockturtlesuppe zum Fest.“ Alexander zog eine Schnute, die ihm reizend stand, und wollte abziehen. Aber er besann sich anders, drehte sich noch einmal um und äußerte betont beiläufig: „Sabines Schildkröte heißt Plumps. Sie wird nicht zu Mucketurtelsuppe verarbeitet.“ Dann wollte er endgültig gehen. Aber diesmal hielt die Mutter ihn zurück. „Was ist das für eine Schildkröte, von der du sprichst, Alex?“ „Sabine hat heute nachmittag eine Schildkröte zu Weihnachten bekommen. Sie weiß nicht, von wem. Sie heißt Plumps.“ „Heute nachmittag, sagst du? Warte, bitte!“ Zum sechstenmal an diesem Nachmittag des 24. Dezember telefonierte die Gnädige mit der Tierhandlung. Der Bote war gerade zurückgekommen und berichtete, daß er das Tier bei Karl Moosmann abgeliefert habe. Damit war die Sache klar: Sabine hatte versehentlich die Schildkröte der Gnädigen bekommen. Also wurde Alexander ins Nachbarhaus geschickt, um den Irrtum aufzuklären und die Schildkröte herüberzuholen. Die Moosmannkinder nebenan waren allesamt rothaarig. Das Rot ihrer Schöpfe reichte vom blassen Gold bis fast zum Zinnober. Sie waren gerade dabei, sich für die Bescherung umzuziehen, als Alexander herübergestürmt kam. So traf der Bub nur Mieze, die Älteste, die in der Küche stand und kochte. Die kleine Sabine bemerkte er nicht; denn sie hockte mit ihrer Schildkröte hinter der halb offenen Küchentür. „Du, Mieze, es ist unsere Schildkröte!“ schrie er ohne jede Einleitung. „Wir brauchen sie für die Mucketurtelsuppe. Der Bote hat sie aus Versehen zu euch gebracht!“ „Mockturtlesuppe kocht man aus Kalbsköpfen und nicht aus Schildkröten“, bemerkte Mieze, denn sie besuchte eine Kochschule. „Trotzdem ist es unsere Schildkröte. Wo ist sie?“ Mieze zuckte mit den Schultern und schielte unauffällig zur Küchentür. Aber weder Sabinchen noch die Schildkröte waren zu sehen. Sie gab Alexander den Rat, im ersten Stock nachzuforschen. Im Mädchenschlafzimmer des ersten Stocks fingen vier Moosmannmädchen bei Alexanders Eintritt zu kreischen an. Sie probierten gerade drei gewaltige Petticoats. Das belustigte Alexander. Aber die Schildkröte hatte er noch immer nicht. Im Jungenschlafzimmer spielte er mit drei Moosmannbuben Domino. Das war aufregend. Aber die Schildkröte hatte er noch immer nicht. Auf der Treppe lief er dem alten Moosmann in den Weg, der schon von der Verwechslung gehört hatte und die Stirn krauste. „Wenn die Schildkröte euch gehört, muß Sabine sie zurückgeben“, meinte er. „Es gibt ja noch mehr Schildkröten auf der Welt. Sag deiner Mutter, wir brächten das Tier, sobald wir Sabine gefunden haben.“ Alexander raste mit dieser Nachricht in die Villa zurück, und zehn Moosmannkinder suchten Sabine mit ihrer Schildkröte. Eine Stunde später suchte man das Schwesterchen noch. Schließlich wurde Mieze in die Fabrikantenvilla geschickt, um nachzuforschen, ob Sabine schon dort sei. Aber auch dort war das Mädchen nicht. Erst jetzt begriff Mieze, was geschehen war: Sabine hatte die Unterhaltung in der Küche belauscht und sich mit ihrer Schildkröte irgendwo versteckt, um das Tier behalten zu können. Aber wo steckte das Kind? Mieze erzählte der Gnädigen von ihrer Vermutung und fügte hinzu: „Echte Mockturtlesuppe wird übrigens aus Kalbskopf hergestellt, obwohl man sie fälschlich Schildkrötensuppe nennt.“ „Sind Sie ganz sicher?“ fragte die Gnädige. „Ganz sicher“ , antwortete Mieze. „Ich besuche einen Kochkurs. Außerdem können Sie es in jedem Lexikon nachlesen.“ „Danke für die Belehrung, mein Kind“, erwiderte die Gnädige. „Unter diesen Umständen erlaube ich Sabine, die Schildkröte zu behalten!“ „Vorausgesetzt, wir finden Sabine“, gab Mieze ruhig zurück und verließ die Villa. Draußen schneite es noch immer. Es dunkelte schon, und die Stunde der Bescherung rückte näher. Aber im Hause der Moosmannkinder zeigte sich keine Sabine. Hin und wieder kam Alexander von der Villa herüber und fragte, ob das Mädchen gefunden sei. Aber er kehrte jedesmal ergebnislos zu seiner Mama zurück. Gegen halb fünf zog die Gnädige ihren Pelzmantel an und ging selbst ins Nachbarhaus. Obschon sie für die heillose Verwechslung nichts konnte, fühlte sie eine Art Mitschuld. Mutter Moosmann saß als ein Häufchen Elend in der Küche. Vater Moosmann donnerte sinnlose Befehle ins Haus und scheuchte seine Kinder in die entferntesten Winkel. In diesem Wirrwarr verwandelte sich die nervöse Aufregung der Gnädigen plötzlich in erstaunliche Tatkraft um. „Frau Moosmann, bereiten Sie die Bescherung vor!“ sagte sie in so entschiedenem Ton, daß Mutter Moosmann wirklich aufstand und sich am Küchentisch zu schaffen machte. „Glauben Sie, wir finden Sabine?“ Mutter Moosmann schluckte bei der Frage. „Wir werden sie alle zusammen suchen“, antwortete die Gnädige. „Und ich bin sicher, wir finden sie!“ Unter Leitung der Gnädigen begann eine planmäßige Suche durch das ganze Haus, an der Vater Moosmann sich merkwürdig widerspruchslos beteiligte. Der Kloß in seiner Kehle wurde immer kleiner, als er eine Aufgabe hatte. Aber der Kloß wuchs zur alten Größe, als nach einer halben Stunde das Ergebnis der Suche feststand: Sabine war nicht im Haus. Jetzt war die Gnädige nicht mehr so zuversichtlich wie zuvor. Aber sie zwang sich, es niemanden merken zu lassen. „Sabine hat das Haus verlassen“, stellte sie mit betont sachlicher Stimme fest. „Wir müssen die ganze Nachbarschaft durchkämmen. Ich habe einen Mann, einen Sohn und zwei Dienstboten. Die werden mitsuchen. Jeder nimmt ein Revier. Ich übernehme die Fabrik.“ Zunächst wurde von der Villa aus mit der Polizei telefoniert. Aber die hatte kein Mädchen mit Schildkröte aufgegriffen. Immerhin wollte sie die Augen offenhalten. Dann schwärmte man, einschließlich Fabrikant und Hausmädchen, nach einem genau durchdachten Plan unter dem wirbelnden Schnee in die Häuser und Gassen der Nachbarschaft aus. Die Gnädige schritt entschlossen in den Hof der Fabrik und entdeckte hier eine weit offenstehende Eisentür. Als sie durch die Tür in die Fabrik trat und das Licht einschaltete, hörte sie aus einer entfernten Ecke der riesigen Halle eine Art leises Quieken. Sie wandte den Kopf und entdeckte rechts hinten in der Ecke ein ganz in sich zusammengekrümmtes Geschöpfchen: Sabine. „Aber Kind, was machst du denn da?“ Ihre Stimme hallte kalt und fremd durch den Raum. „Du kriegst die Schildkröte nicht!“ schrie das Mädchen. „Plumps gehört mir!“ Erst jetzt bemerkte die Gnädige, daß Sabine auf dem Kehrichteimer hockte und die Schildkröte auf dem Schoß hatte. Sie schritt quer durch die Halle auf das Mädchen zu, das noch mehr in sich zusammenkroch und ihr mit großen, ängstlichen Augen entgegensah. „Du kannst die Schildkröte behalten, Sabine! Ich brauche sie nicht mehr.“ Das Kind umklammerte die Schildkröte. Ihre Augen verrieten Zweifel. Die Gnädige war verwirrt und wiederholte: „Du kannst die Schildkröte behalten!“ Als sie fast vor Sabine stand, rief das Mädchen: „Du lügst! Du willst Suppe aus ihr kochen! Aber man kann die Suppe auch aus Kalbsköpfen kochen, sagt Mieze.“ Jetzt mußte die Gnädige lachen. „Du hast recht“, gab sie zu. „Die Suppe, die ich kochen will, macht man aus Kalbskopf. Deshalb brauche ich überhaupt keine Schildkröte.“ „Schwöre, daß es meine Schildkröte ist!“ Halb befremdet, halb belustigt, legte die Gnädige eine Hand auf das Herz, hob die andere zum Schwur und versicherte feierlich: „Ich schwöre, daß die Schildkröte mit Namen Plumps der Sabine Moosmann gehört!“ „Jetzt glaube ich dir!“ Das Mädchen stand auf, setzte die Schildkröte zu Boden und sagte: „Nun zeige ich dir, wie schnell Plumps laufen kann!“ „Zeig es mir später, Sabine. Wir müssen heim. Ich glaube, du hast dich erkältet. Und Plumps muß auch in die Wärme zurück. Die meisten Schildkröten halten nämlich um diese Zeit ihren Winterschlaf.“ „Weiß ich“, bestätigte Sabine mit Kennermiene. „Ich muß eine Kiste mit Torf für Plumps besorgen.“ Plötzlich begann die Schildkröte heftig mit den Beinen zu strampeln, und Sabine fing an zu niesen. Da ergriff die Gnädige entschlossen die freie Hand des Mädchens und ging mit ihr durch den fallenden Schnee hinüber zum Haus der Moosmannkinder. Unterwegs meinte Sabine: „Wenn du keine Suppe aus Schildkröten kochst, könntest du dir eigentlich eine Schildkröte zum spielen anschaffen!“ „Geht nicht, Sabine! Plumps war die letzte Schildkröte in der Tierhandlung. Die anderen liegen im Winterschlaf.“ Das kleine Mädchen blieb plötzlich stehen, zögerte einen kurzen Augenblick, blickte die Schildkröte an, die sich unter ihrem Panzer verkrochen hatte, und legte sie sanft der Gnädigen in den Arm. „Ich schenk sie dir zu Weihnachten! Es gibt ja noch andere Schildkröten. Ich bestell mir eine im Frühling.“ Die Gnädige sah verwirrt auf die Schildkröte, die auf dem weichen Pelz des Mantels vorsichtig den Kopf hervorstreckte. „Es gefällt ihr bei dir“, sagte Sabine. „Trotzdem glaube ich, daß du mehr Zeit für die Schildkröte hast als ich, Sabine. Ich gebe dir das Geschenk zurück.“ Wieder wechselte das verschüchterte Tier den Besitzer. Sabine strahlte. „Du hast recht“, meinte sie. „Ich kann mich mehr um Plumps kümmern als du. Außerdem ist sie ja schon an mich gewöhnt. Du bist viel netter, als ich dachte. Vielen, vielen Dank und fröhliche Weihnachten.“ Die Gnädige schluckte ein bischen und sagte mit ungewohnt weicher Stimme: „Fröhliche Weihnachten, Sabine!“ Dann wanderten sie Hand in Hand weiter und wurden bald von den Flocken verdeckt, die gleichmäßig und gleichmütig auf Gerechte wie auf Ungerechte fielen.
Jule, Jette und das Jesuskind (c) Regina Meier zu Verl
Es ist Dezember. Im Dorf sind viele Fenster mit Lichtern geschmückt und in den Gärten gibt es schon so manchen Weihnachtsbaum, der eine Lichterkette trägt und am Abend im Glanz erstrahlt. Jetzt fehlt eigentlich nur noch der Schnee, dann kann Weihnachten kommen. Jule und Jette sind schon aufgeregt, denn Weihnachten ist für sie das schönste Fest des Jahres. Das hat nichts mit den Geschenken zu tun, oder nur ein ganz kleines bisschen. Jule und Jette sind Christkinder, das sagt jedenfalls die Oma. Sie sind am 24. Dezember geboren, alle beide, denn sie sind Zwillinge. Jule ist die Älteste, genau fünf Minuten vor ihrer Schwester erblickte sie das Licht der Welt und darauf ist sie besonders stolz. So ein Quatsch, sagt Jette immer, was sind schon fünf Minuten? Christkinder sind sie, weil der 24. Dezember der Geburtstag von Jesus Christus ist und deshalb haben die Eltern auch Namen gewählt, die mit J wie Jesus anfangen. Die beiden Mädchen gleichen sich wie ein Haar dem anderen, nur ihre Eltern und Oma Hilde können sie sicher auseinander halten und Tante Sophie kann es nur, wenn eine von beiden anfängt zu reden. In der kleinen Kirche ist schon ein Adventskranz aufgestellt worden. Am nächsten Sonntag wird die erste Kerze brennen und am Heiligabend stehen dann wieder zwei Weihnachtsbäume rechts und links vom Altar. Weißt du was, Jette, ich habe eine gute Idee, sagt Jule am ersten Dezember zu ihrer Schwester. Lass hören!, sagt Jette und schnappt sich einen Apfel, in den sie genüsslich hinein beißt. Wir bekommen doch immer so viele Geschenke, zum Geburtstag und zu Weihnachten Ja, das ist toll, und was ist damit? Jesus hat doch auch Geburtstag und er bekommt nie etwas geschenkt, wir sollten ihm in diesem Jahr mal eine Freude machen. Jette kratzt sich am Kopf, das hilft beim Denken. Wie jetzt? Wie stellst du dir das denn vor, Jesus ist doch tot. Stimmt, aber trotzdem ist er doch noch für uns da, wir beten doch jeden Abend zu ihm und weißt du noch, als Oma im letzten Jahr so krank war und Mama gesagt hat, dass sie bald sterben würde, da haben wir gebetet und Oma ist wieder gesund geworden. Stimmt auch wieder, du hast Recht, wir sollten ihm was schenken. Fragt sich nur, was das sein sollte. Jules Augen leuchten, sie hat längst eine Idee gehabt und schon sprudelt sie los: Die beiden Weihnachtsbäume in der Kirche, die sind immer so nackt. Jede von uns bastelt Strohsterne für einen Baum und dann bringen wir sie am Tag vor Weihnachten in die Kirche und legen sie unter den Baum. Und wenn Jesus Christus sie haben möchte, dann werden sie am Heiligen Abend an den Bäumen hängen. Aber wir verraten keinem etwas davon, abgemacht? Jette ist Feuer und Flamme. Gleich am nächsten Tag nach der Schule gehen sie ins Bastelgeschäft und kaufen von ihrem Taschengeld Strohhalme und Kleber. Jeden Abend verbringen sie in ihrem Zimmer und an der Tür hängt ein Schild Bitte nicht stören. Manchmal stellt Mama ihnen einen Teller mit Keksen und Mandarinen vor die Tür, klopft kurz an und verschwindet dann wieder. Am Tag vor Weihnachten sind alle Sterne fertig. Jette und Jule gehen zur Kirche und legen die Sterne, es sind genau dreißig Sterne für jeden Baum, unter die Bäume, die Morgen das erste Mal beleuchtet sein werden. Echte Kerzen schmücken die Zweige, der riesigen Tannen. Dann gehen sie nach Hause und am Abend beten sie gemeinsam: Lieber Jesus Christus, wir haben dir ein Geschenk in die Kirche gelegt. Du wirst es schon finden. Nimm es an, wir sind so dankbar, dass du unsere Oma gesund gemacht hast und jetzt sind wir ganz gespannt, ob du unser Geschenk toll findest. Peter Michels, der Kirchendiener geht am Morgen des Heiligen Abends noch einmal in die Kirche und schaut, ob alles bereit ist für die Feier am Nachmittag. Er legt das Jesuskind in die Krippe und stellt auch Maria und Josef auf, die in der Adventszeit noch nicht da waren. Dann überprüft er die Kerzen an den Weihnachtsbäumen. Sie müssen richtig fest in den Haltern stecken, damit es kein Unglück gibt, wenn sie am Abend angezündet werden. Da entdeckt er zwei Pakete unter den Bäumen. Für das Christkind steht drauf und Peter staunt. Wer mag das nur hingelegt haben, denkt er und schaut sich vorsichtig um, ob ihn auch niemand beobachtet. Keiner da, er öffnet die Pakete und findet die wunderschönen Strohsterne darin. Kurz entschlossen holt er noch einmal die große Leiter und schmückt die beiden Kirchentannen mit den Sternen. Zufrieden betrachtet er sein Werk, dann fährt er nach Hause, wo seine Frau auf ihn wartet.
Als es dunkel wird, läuten die Glocken und die Einwohner des Dorfes gehen zur Kirche. Jette und Jule sind furchtbar aufgeregt. Sie betreten die festlich erleuchtete Kirche und trauen ihren Augen nicht. Alle Sterne hängen an den Weihnachtsbäumen und das sieht so schön aus, dass die Leute Aah und Oh, schaut mal sagen. Danke, lieber Herr Jesus, sagt Jule zuerst, weil sie ja die Ältere ist und Jette schließt sich an, Ja, sag ich auch mal, danke!
Mit freundlicher Genehmigung von Regina Meier zu Verl.
Das kleine Kätzchen und der Weihnachtsmann Barbara Pronnet
Ein kleines Kätzchen lag eingerollt auf einer Stufe eines alten Hauses. Sein kleiner Bauch hob sich langsam auf und ab.
Es war ein Tag vor Weihnachten. Die vielen Füße mit den dicken Winterschuhen die an dem Kätzchen vorbeilaufen bemerkt es nicht.
Es hatte leicht angefangen zu schneien und ein kalter Wind pfiff um die Häuserecken.
Das grauweiße Kätzchen schlug die Augen auf und steckte die Nase in die feucht Luft. Kalt ist es geworden und es gab heute noch nichts zu fressen. Es streckte sich und beobachtete die vielen Menschen die hektisch und schnell durch die Straßen liefen.
So eine Kälte kannte es nicht, denn es war erst im März geboren worden und bei der Mutter mit all den vielen Geschwistern war es herrlich warm gewesen. Der Geruch der Milch die es regelmäßig zu trinken gab stieg ihm in die Nase und es leckte sich das kleine Maul.
Schön war es da gewesen, aber plötzlich waren die Geschwister weg und die Mutter hatte sich nicht mehr um es gekümmert. Das war eine schlimme Zeit gewesen, auf einmal mußte sich das Kätzchen selbst Nahrung suchen und die Geborgenheit der Familie fehlte ihm sehr.
Immer weiter lief es von dem Ort der zerronnenen Behaglichkeit fort und landete an einem Platz wo es viele Häuser und Menschen gab. Dort war es laut und gefährlich, die großen Gegenstände wechselten schnell und das Kätzchen mußte oft einen riesigen Satz machen um einem rollendem Ungeheuer auszuweichen.
Es gab zwar viele Mäuse und Reste von Fressen in großen Behältern, aber gemütlich war das nicht.
Auch die Revierprobleme der bereits einheimischen Katzen war immer wieder ein großes Problem. Ständig gab es Auseinandersetzungen und Raufereien bei denen auch mal Blut floß.
Das Leben war schwierig und gefährlich geworden und nur in ihren Träumen konnte das kleine Kätzchen noch Freude empfinden.
Und jetzt war es auch noch kalt geworden. Die Nässe kroch unters Fell und einen warmen Schlafplatz zu finden wurde immer schwieriger.
Traurig und mit knurrendem Magen schlich das Kätzchen die graue Hausmauer entlang. Die weißen Flocken die jetzt wild umher tanzten legten sich auf sein Fell und färbten es weiß.
Ein großer weißer nasser Ball flog ihm entgegen und zerplatze auf seinem Kopf. Das Kätzchen duckte sich ängstlich und hörte lachende Kinderstimmen an sich vorbeilaufen.
Es schüttelte sich und die kalte Masse fiel zu Boden. Überall brannten schon Lichter und die Dunkelheit breitete sich langsam über die Stadt. Jetzt mußte ein halbwegs warmer Schlafplatz gefunden werden und vielleicht lief ihm ja eine unvorsichtige Maus über dem Weg. Das wäre mal ein Glück. Aber die gewieften Stadtmäuse hatten längst die Taktik der Katzen erkannt und versteckten sich wohlweislich in ihren tiefen Löchern.
Die vielen dunklen und unheimliche Gänge der nassen Straßen machten ihm immer wieder Angst.
Mutlos setzte es sich kurz auf den Randstein und schnaufte tief durch.
Still war es geworden und kein Licht brannte mehr. Es schien, als wären alle Häuser verschwunden und kein Geräusch war zu hören.
Plötzlich sah es in einer nahen Querstraße eine helles Licht leuchten.
Das war so hell, daß das Kätzchen die Augen zuzwinkern mußte. Vorsichtig setzte es eine Pfote vor die andere und schlich in die Nähe der ungewohnten Helligkeit. Sein Herz klopfte wild doch eine angeborene Neugier ließ sich nicht verleugnen.
Als es um die Ecke lugte woher das merkwürdige Licht kam glaubte es seinen Augen nicht zu trauen.
Das Licht schien wie ein Kreis und in dem Kreis saß ein dicker Mann mit einem langen, weißen Bart und einem rotem Mantel und neben ihm stand eine Kutsche und daran waren große Tiere eingespannt. Er hatte die Hand an der Stirn und schüttelte ständig den Kopf und murmelte:
„Ohje, ohje, ohje, ohje“.
Um ihm herum lagen lauter Spielsachen kunterbunt durcheinander. Da gab es Puppen, Stofftiere –auch eine rote Stoffkatze war darunter -, Naschwerk und vieles mehr. So viele herrliche Sachen hatte das Kätzchen noch nie gesehen.
Der dicke Mann hielt einen alten Leinensack in die Höhe und sagte zu den komischen Tieren vor seiner Kutsche.
„Ihr wart eindeutig zu schnell. Ihr seid ja in die Kurve gegangen als wäre heute schon Silvester. Jetzt haben wir den Salat. Bis ich den Sack wieder gefüllt habe ist es ja bereits hell und dann können wir sehen wie wir das schaffen.“
Die braunen Tiere mit den großen Hörner standen betreten da und steckten die Köpfe zusammen.
Es war ihnen anscheinend sehr peinlich.
Das Kätzchen konnte sich gar nicht satt sehen an diesen vielen Herrlichkeiten. Wie schön mußte das sein, mal wieder so richtig ungezwungen zu spielen und etwas so richtig zu zerfetzen, sowie es immer mit den Geschwistern gewesen war. Das Licht strahlte eine wohlige Wärme aus und das Kätzchen hätte sich gerne in mitten der Spielsachen gesetzt und nur geschaut.
Aber der fremde Mann war sehr ungehalten und schüttelte weiter pausenlos den Kopf.
Vielleicht schleiche ich mich einfach mal heran und verstecke mich unter dem großen Teddybären, dachte es mutig. Der Mann dreht ihm sein dickes Hinterteil zu und war ganz vertieft darin, einer Puppe das lange blonde Haar zu entwirren.
Kätzchen machte eine kleinen Sprung und kroch ganz leise unter den großen braunen Bären. Er hatte eine dickes, weiches Fell und er erzeugte eine wunderbare Wärme. Mit weit geöffneten Augen beobachtete es den großen Mann der –es traute kaum seinen Ohren- ein kleines Liedchen vor sich her sang.
„Morgen Kinder wird’s was geben, morgen werden wir uns freuen. Welch ein Trubel, welche eine Leben, wird in unserem Hause sein. Einmal werden wir noch wach, heißa dann ist Weihnacht“.
Die Ohren des kleinen Kätzchens standen ganz hoch. Das war sehr schön was der dicke Mann da sang. Aber was war denn bitte sehr Weihnacht? Was zum Fressen? Oder heißen die Tiere vor der Kutsche Weihnacht?
Es überlegte, ob es dieses Wort schon mal gehört hatte, aber meistens hörte es nur „geh weg“ oder bekam einen Tritt.
Durch die Wärme und den Gesang des alten Mannes begann sich unser Kätzchen sehr wohl zu fühlen. Es entspannte sich und legte die Ohren an. Die Pfoten steckte es unter den Körper.
War das gemütlich, dachte es. Ich bleibe noch ein bißchen und dann verschwinde ich wieder, nahm es sich vor.
Die Augen wurden ihm immer schwerer und eine bleierne Müdigkeit breitet sich in seinem Körper aus. Nein, nein ich döse nur ein wenig, ich habe alles im Griff.
Das dachte es sich zumindest denn plötzlich wurde es von einer riesengroßen Hand hochgehoben und in der Sack gesteckt. Voller Angst und zu Tode erschrocken durch den leichten Schlaf machte das kleine Kätzchen einen Purzelbaum und versank immer tiefer in den großen dunklen Käfig. Die Krallen tief in den Teddybären gebohrt verharrte es voller Entsetzen in der Dunkelheit. Immer mehr Gegenstände fielen auf seinen Kopf und wurden mit der großen Hand in den Sack gestopft.
Oh nein, was ist nur passiert. Ich bin doch ganz wach gewesen, jammerte das kleine Kätzchen.
Wie komme ich da bloß wieder raus?
Aber das war nicht so einfach, denn der große Sack wurde mit einer Kordel verschnürt und auf einmal flog der Sack samt Inhalt in die Luft und fiel auf einen harten Boden. Gott sein Dank war der Teddybär dick gepolstert, denn sonst hätte sich unser Kätzchen ganz schön weh getan.
Aber damit war noch lange nicht alles zu Ende. Plötzlich gab es einen Ruck und alles war in Bewegung. Immer schneller und schneller wurde es und das Kätzchen hörte die Stimme des Mannes laut rufen.
„Los auf geht’s, keine Müdigkeit vorschützen wir haben Zeit aufzuholen“.
Es gab ein zischendes Geräusch und irgendwie wurde es dem Kätzchen plötzlich ganz leicht als würde es schweben und durch die Luft fliegen. Aber das kann ja nicht sein, Katzen können nicht fliegen und Menschen doch eig
entlich auch nicht. Zumindest hatte es so was noch nie erlebt.
Doch es war so.
Der große Sack ruckelte und wackelte und das erste Mal in seinem jungen Leben war unser Kätzchen froh, daß es noch nichts gefressen hatte, denn sonst würde ihm jetzt furchtbar schlecht werden.
Die Krallen fest in den Teddy verkeilt starrte es angstvoll in die Dunkelheit und sein kleines Katzenherz schlug ihm bis zum Halse.
Das war wirklich das sonderbarste, was es bis jetzt erlebt hatte. Nicht mal die Schlägerei mit dem schwarzen Tyrannen der in der Straße mit den vollsten Mülltonnen wohnte konnte es damit aufnehmen.
Immer höher und schneller ging es und das Kätzchen verlor bald jedes Zeitgefühl. Wahrscheinlich werde ich jetzt sterben? Schade, ich hatte doch noch so viel vor.
Traurig schloß es die Augen und krallte sich wieder fester in das weiche Fell des Teddybären.
Doch was war das? Plötzlich stand alles still. Es gab ein dumpfes Geräusch und der große Sack wurde hochgehoben. Wieder wurde unser Kätzchen ein wenig geschüttelt, aber nicht mehr so stark wie am Anfang. Es glaubt auch Stimmen zu hören und wärmer war es auch wieder geworden.
Kätzchen spitzte die Ohren und hörte was da draußen los war.
„Hallo liebe Kinder, wißt ihr denn, wer ich bin“ fragte die dunkle Stimme des großen Mannes.
Kätzchen hatte es gleich wieder erkannt.
„Du bist der Nikolaus“ schrien aufgeregte Kinderstimmen durcheinander.
Nikolaus, dachte das Kätzchen, schon wieder so ein fremdes Wort. Aber wenigstens wußte es jetzt, wie der große Mann mit Namen hieß.
„Das ist richtig, und weil ihr brav gewesen seid, habe ich euch auch etwas mitgebracht.“
Der Nikolaus öffnete den Sack und griff mit seiner großen Hand hinein. Er erwischte die blonde Puppe die knapp neben unserem jetzt wieder sehr ängstlichen Kätzchen lag.
„Die ist für dich, weil du ganz besonders fleißig in der Schule warst.“ sagte der Nikolaus freundlich.
„Vielen Dank, lieber Nikolaus“ bedankte sich eine artige Stimme.
„Und was bekomme ich“ rief eine helle Stimme ungeduldig dazwischen.
„Sei doch ruhig, du kommst auch noch dran“ Das klang so ähnlich wie die Stimme des Nikolaus, aber doch ein bißchen anders. Wieviele wollten denn da noch Geschenke? dachte das Kätzchen nervös.
„Für dich habe ich ganz was Schönes dabei“ lachte der Nikolaus
Wieder fuhr die große Hand in den Sack. Oh Schreck sie packte nach dem braunen, dicken Teddybären, an welchem unser Kätzchen so angstvoll klammerte.
Nein, nein, schrie es innerlich, und krallte sich noch mehr in das Fell und plötzlich gab es einen Ruck und Kätzchen war aus dem Sack und landete in zwei kleinen Kinderarmen.
Das war vielleicht ein Anblick.
Alle schauten mit großen Augen auf das kleine Kätzchen, welches sich am liebsten in den Teddybären hinein verkrochen hätte.
Der Nikolaus, die Eltern und das kleine Mädchen schauten verdutzt auf den kleinen Jungen der sein „Geschenk“ in den Armen hält.
„Eine Katze“ rief er freudig, „und ein Bär, gleich zwei Geschenke“.
„Da stimmt aber was nicht“ murmelte der Nikolaus stirnrunzelnd, „das stand nicht auf meiner Wunschliste“.
Auch die Eltern der Kinder schauten völlig entgeistert, erst auf die Katze und dann auf den Nikolaus.
„Ist die süß“, sagte das kleine Mädchen und streichelte liebevoll das Fell des Kätzchens.
„Schau mal sie hat ja Angst“. Die Mutter nahm unser Kätzchen, was noch völlig verängstigt an dem Teddy hing vorsichtig in den Arm und kraulte ihm das Köpfchen.
„Tja das ist zwar nicht ganz das was wir bestellt hatten, aber so ein hübsches Tierchen geben wir natürlich nicht mehr her. Dich schickt ja förmlich der Himmel zu uns.“ lachte die freundliche Frau und dann lachten alle.
Noch nie hatte Kätzchen so liebevolle Streicheleinheiten bekommen. Es begann sich zu entspannen und schnurrte ganz leise.
Die ganze Familie stand jetzt um den unfreiwilligen Gast und beobachteten das kleine Kätzchen.
Der Nikolaus legte seine große Hand auf sein Köpfchen.
„Ich bin mir zwar noch nicht sicher, aber ich kann mir schon denken wo ich dich aufgelesen habe. Hier wird es dir bestimmt gut gehen kleines Kätzchen.“ schmunzelte der Nikolaus
Ihr könnt euch sicher denken, wie überrascht unser Kätzchen war als es von allen Seiten gestreichelt und geherzt wurde. Das erste Schüsselchen voller warmer Milch schmeckte wundervoll und die Erinnerungen an die frühere Zeit mit der Mutter und den Geschwistern stiegen wieder in ihm hoch.
Und als sich der Nikolaus später verabschiedete und mit lauten Gebimmel von dannen fuhr, stand unser Kätzchen dankbar und glücklich am Fenster und schaute zu wie sich die große Kutsche mit den vielen braunen Tieren in die Luft schwang und langsam am Horizont verschwand.
Es hatte wieder leicht angefangen zu schneien und als sich unser Kätzchen vom Fenstersims ins heimelige warme Wohnzimmer mit dem großen geschmückten Baum und den Geschenken und den vielen Menschen die alle so lieb zu ihm waren begab, da dachte es sich, wenn das Weihnachten ist, dann ist es das schönste, was ich je erlebt habe.
Die absoluten Lieblingsplätzchen meiner Familie. Zutaten:
250 g Butter 125 g Zucker 350 g Mehl 4 Eigelb etwas Vanille 1 Eigelb zum Bestreichen 100g gemahlene und geschälte Mandeln Johannisbeergelee
Zubereitung:
Die Butter wird schaumig gerührt, Eigelb, Zucker, Mehl und Vanille zugegeben und aus dieser Masse kleine Kugeln geformt, in deren Mitte man eine kleine Vertiefung mit dem Stiehl eines Holzrührlöffels drückt. Man bestreicht sie mit Eigelb, bestreut sie gemahlenen Mandeln und backt sie bei ca. 160 °C ca. 9 Minuten. In die Vertiefung gibt man dann einen Klecks Johannisbeergelee. Ich mache immer das Gelee heiß bis es flüssig ist und befördere es mit einer Spritze (bekommt man in der Apotheke) hinein.